Kultur ist freiwillig.

Seien es Bibliotheken oder Museen: Bei Klagen über schlechte Ausstattung, zu wenig Personal oder erbärmliche Gebäudesituationen – kurz: chronische Unterfinanzierung –  fällt eigentlich immer der Satz „Kultur ist eben freiwillig“, eingeleitet mit „Tja“. Es handelt sich um einen der jämmerlichsten Sätze überhaupt; stets eine Schande für den Mund, dem er entweicht. Aber wer sich an dieser Stelle als tätig in diesen Bereichen ganz auf der noblen Seite wähnt, dem sei ins Poesiealbum geschrieben: Du sagst es doch auch!

Gemeint ist wohl: es gibt kein Gesetz, das Träger oben genannter Institution dazu verpflichtet, Missstände in diesen zu beseitigen – oder Bibliotheken und Museen zu betreiben, wenn die öffentliche Haushaltslage schlecht ist. Dass häufig Menschen über die Existenz von Kultureinrichtungen entscheiden, die sie nicht nutzen und folglich weder deren Leistungsfähigkeit noch Wirkweisen beurteilen können, ist wenig überraschend: Die Entscheider sind Eingeborene der Verwaltungsapparate. Sie sollen sparen, das ist ihr Job und natürlich fangen sie dort an, wo sie selbst und ihresgleichen den geringsten Verlust spüren.

Schwerer als das wiegen Verzagtheit, Angepasstheit und (ja:) Bildungsfeindlichkeit unter Kulturangestellten. Die Kulturangestellten bewohnen eine Nische zwischen der Verwaltung, die nichts als Ordnung und Übersicht herstellen will und den kulturellen Leistungen, die in öffentliche Obhut kommen. Eigentlich eine spannende Gratwanderung  – leider allzu oft den Annehmlichkeiten der Ordnung geopfert, was dazu führt, dass man sich bis in die Argumentation gegen das eigene Tätigkeitsfeld den blinden Sparern anschmiegt: „Tja. Wir sind Kultur, wir sind freiwillig“.

Richtiger wäre: „Wir sind Kultur, wir werden falsch eingeschätzt.“ Dann aber wäre auch die Betrachtung des eigenberuflichen Anteils an der Misere erforderlich. Und sobald nur irgendeine Kulturangestellte (von ihrem Kollegen habe ich diesen Satz noch nicht gehört) den Satz der Freiwilligkeit äußert, teilt sie diese Ansicht mit – und zwar mit fast allen. Und präsentiert eine Bankrotterklärung an die eigene Tätigkeit.